Doch wie viel Abstand muss beim Überholen zwischen Auto- und Radfahrern überhaupt eingehalten werden? Die Straßenverkehrsordnung § 5, Absatz 4 besagt, dass Autofahrer während des Überholvorgangs von Radfahrern einen Sicherheitsabstand einhalten müssen. Dort steht geschrieben: „Wer zum Überholen ausscheren will, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist. Beim Überholen muss ein ausreichender Seitenabstand zu anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere zu den zu Fuß Gehenden und zu den Rad Fahrenden, eingehalten werden.“
Im Gesetz sind also leider auf keine explizit festgesetzten Angaben, wie viel Abstand beim Überholen gehalten werden soll. Doch aufgrund des wachsenden Verkehrsaufkommens in den letzten Jahren hat die Rechtsprechung darauf reagiert und entsprechende Regelungen definiert. Die neue Rechtsprechung besagt, dass ein Autofahrer z.B. beim Überholen eines Radfahrers mindestens 1,5 Meter Abstand einhalten muss. Wenn dieser Wert nicht eingehalten, sondern unterschritten wird, erwartet den Autofahrer ein Bußgeld in Höhe von 30 Euro.

Eine Sonderregelung tritt in Kraft, wenn Kinder mit auf dem Fahrrad sitzen oder die Wetter- und Straßenbedingungen besonders schlecht sind. Dann wird das Einhalten eines größeren Abstands, von mindestens 2 Metern vorausgesetzt, da diese Umstände schnell zu Gefahrensituationen beim Überholen von Radfahrern werden können.
Um das Problem zu veranschaulichen wurde das Projekt „Radmesser“ vom Berliner Tagesspiegel ins Leben gerufen, dabei wurden 100 Berliner Radfahrer mit Abstandssensoren ausgestattet und nahmen zwei Monate lang am Straßenverkehr teil. Insgesamt 13.300 km wurden dabei von den Radfahrern zurückgelegt, währenddessen die von den Autofahrern eingehaltenen Abstände beim Überholen gemessen wurden.
In einer ersten Analyse wurden 16.700 Überholmanöver von Autos, aber auch LKWs, Bussen und Rollern ausgewertet. Diese Analyse ergab, dass Radfahrer in 9402 Fällen zu eng überholt wurden, das heißt mit einem Abstand von weniger als 1,5 Metern. Weitere 3019 Autofahrer hielten sogar weniger als einen Meter Abstand ein, was bereits als sehr gefährlich zu sehen ist. Doch 192 Autofahrer gingen sogar so weit noch nicht einmal 50 Zentimeter Abstand beim Überholmanöver einzuhalten und riskierten damit schwere Unfälle!

Somit zeigt die Aktion „Radmesser“ sehr deutlich, dass die Mehrheit der Autofahrer beim Überholen eines Fahrrads nicht ausreichend Abstand hält und klar gegen den einzuhaltenden Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern verstößt. Doch durch die Auswertung weiterer Daten des Projektes, wurde klar wie sich Radfahrer auch teilweise vor solchen Gefahrensituationen schützen können. Denn in der Analyse wird deutlich: Wer nah an parkenden Autos vorbei fährt, wird ebenfalls dicht überholt. Fährt der Radfahrer jedoch selbstbewusst mittig auf der Fahrbahn und hält selbst ausreichend Sicherheitsabstand zu parkenden Autos, wird er beim Überholen auch mehr respektiert.
Darüber hinaus stellte man überraschenderweise, während der Auswertung der Aktion „Radmesser“ fest, dass das Tragen einer Warnweste keinen Einfluss auf den Überholvorgang nimmt. Ebenfalls das Geschlecht oder das Alter des Radfahrers findet keinerlei Beachtung von Autofahrern, die an den Radfahrern vorbeifahren wollen.

Insgesamt zeigt das Projekt „Radmesser“ deutlich, dass alle Radfahrer, die neben überholenden Autos auf der Straße fahren müssen, besonders aufmerksam und vorsichtig agieren sollten, um sich vor Gefahrensituationen zu schützen. Wir wünschen Ihnen eine gute Fahrt und natürlich immer einen ausreichenden Sicherheitsabstand!
Quelle:
https://www.radfahren.de/story/aktion-radmesser-autofahrer-ueberholen-radfahrer-eng/